Bergen schreibt man ja gerne das Adjektiv „majestätisch“ dazu. Majestäten begegnet man mit Höflichkeit, Respekt, Verstand, und wenn sie sehr majestätisch sind – oder besser gesagt: sich dieses Adjektiv auch wirklich wirklich wirklich verdient haben – dann auch mit einer gehörigen Portion Ehrfurcht. Echte Majestäten benehmen sich auch so, manche distuingiert, erhaben, furchteinflößend.
Wie wird die Majestät uns heute wohl gesonnen sein?
Der Blick um halb acht Uhr morgens ist nach den nächtlichen Rgenschauern vielversprechend. Wir starten also von Heiligenblug über eine der spektakulärsten Panoramastraßen der Welt, der Großglockner-Hochalpenstraße. Die Mautgebühr von €33,- ist allemal gerechtfertigt, für die Naturkulisse, die hier geboten wird. Bald nach Heiligenblut teilt sich die Straße, ein Zweig führt auf die Franz-Josefs-Höhe, der andere Richtung Fuscher Törl. Wir wählen zunächst den Weg auf die Franz-Josefs-Höhe. Es ist noch wenig Verkehr und wir haben fast alle Aussichtspunkte für uns allein:
Der Wind wird eisiger, Wolken jagen um die Gipfel und scheuchen ein paar Regentropfen vor sich her, bis wir schließlich das Ende der Straße erreichen, das Besucherzentrum bei der Franz-Josefs-Höhe
Majestät geben sich sehr reserviert und haben sich einen wolkengrauen Mantel umgeworfen. Kein Purpur, Rubinrot oder Königsblau, sondern Eisglänzend, Schneeweiß und Felsengrau trägt dieser König. Dohlen spielen in den eisigen Windböen und sogar den Murmeltieren ist es zu kalt. Wir fahren mit der Zahnradbahn hinunter zur Pasterze, oder besser gesagt: dorthin, wo die Pasterze vor fünfzig Jahren hingereicht hat. Heute liegen zwischen dieser Stelle und der Gletscherzunge eine gute Stunde Fußmarsch über steile Stufen und Geröllmassen. Man bekommt eine Ahnung, wie gewaltig der Gletscher noch vor kurzem war, einen Wimpernschlag ist das her… ein kleines Stück gehen wir der Pasterze entgegen, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen. Und dann, plötzlich, spielen die Wolken über den Schneefeldern abfangen, reißen auf, zeigen kobaltblauen Himmel – das gefällt dem König, er hebt für einen ganz kurzen Moment den Schleier und zeigt seine ganze majestätische Pracht:
Auf dem Rückweg ist nach all dem Eis und dem Wind jeder Sonnenstrahl ein bisschen wärmer auf der Haut – wir fahren ja nach wie vor mit offenem Dach und lassen uns davon auch durch die eisigen Grüße nicht abbringen. An diesem Tag werden wir wieder daran erinnert, wo wir sonst am liebsten hinfahren: in den hohen Norden.
War dieser Teil der Strecke schon spektakulär, so wurde die eigentliche Glockner-Hochalpenstraße über das Fuscher Törl zu einem überwältigenden Erlebnis. Jede Spitzkehre eröffnet ein noch gewaltigeres Panorama, jeder Kilometer Straße noch mehr Erstaunen über die Pracht dieses Fleckchens Erde, jeder Höhenmeter noch mehr Ehrfurcht vor der gigantischen baulichen Leistung, dem Berg diese Straße abzuringen
Es ist jetzt gar nicht fair, nun auf den Vorspulknopf zu drücken, das Fuscher- und das Gerlostal nur zu streifen. Man könnte Stunden, Tage hier verbringen und könnte sich nicht sattsehen, soviel hat der Nationalpark Hohetauern zu bieten.
Aber das war noch nicht alles an diesem Tag. Denn auf der Salzburger Seite des Gerlos befinden sich die Krimmler Wasserfälle die zu den höchsten, schönsten und beeindruckendsten Wasserfällen der Welt gehören. Ein Klick auf den Link eröffnet eine Welt, in der man aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. Wir haben es zum zweiten Wasserfall geschafft, der Weg geht aber noch viel höher hinauf und endet in einem märchenhaft schönen Hochtal.
Überwältigt von den vielen Eindrücken, windzerzaust, wasserfallerfrischt und bergenergieaufgeladen – und vor allem sehr sehr müde – sind wir heute Abend hier angekommen…