Graz – Der Kaiser-Josef-Platz

Mitten in Graz, gegenüber vom Opernhaus, liegt einer meiner absoluten Lieblingsplätze und perfekter Ausgangspunkt für einen perfekten Samstag in meiner so herrlich in ihrer Perfektion nicht perfekten Heimatstadt.
Ich bin mit Leidenschaft und Hingabe Grazerin, ich liebe das Provinzielle, das manchmal recht Mutige, das immer ein wenig „sich zurück gesetzt“-Fühlende, das Kleinteilige und noch sooooo vieles mehr an dieser Stadt. So viele Facetten gibt es hier zu zeigen…

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Der Kaiser-Josef-Platz also. Benannt, no na, nach Kaiser Joseph II., der hier nicht nur sein „ph“ gegen ein stinknormales „f“, sondern auch seinen dicken, schweren, geschichtlichen Rucksack (bei so viel Schwermut in einem Leben wird’s ihm recht sein, wenn ich hier nicht näher darauf eingehe, ist ja kein Historien-Blog, ich nehm‘ mir die Freiheit, die Geschichte nur dann zu streifen, wenn sie mir in den Kram passt) eingetauscht hat gegen blumige Frische, Salat, Gemüse, Obst und was sich sonst noch alles aus den Erträgen steirischer Erde herstellen lässt – einschließlich der Tiere, die damit gefüttert wurden. Denn das ist einer der ganz großen Unterschiede der diversen Grazer Märkte im Vergleich zu den Märkten in anderen Städten: der mit Abstand größte Teil der bäuerlichen Anbieter kommt aus dem direkten Umland. Man kauft hier folglich nicht nur regional im allerbesten Sinn, sondern auch absolut saisonal und in den meisten Fällen immer schon vollbiologisch.

Immer wieder aufflackernde Pläne, den „Event-Charakter“ (schon allein das denglische Wort passt so gar nicht zu den Kittelschürzen der vielfach älteren Standlerinnen) dieses Platzes noch mehr zu „pushen“, alles Mögliche umzubauen oder umzugestalten, wird vom Stammpublikum unisono heftigst abgelehnt. Der Stammkäufer steht auf die zusammengestapelten Holzbudeln, will keine modernen Standln (das ist schon am Grazer Hauptplatz daneben gegangen), findet in den Reihen blind seine „Stamm-Standler“, denen in manchen Fällen über Generationen hinweg die Treue gehalten wird und wär verloren in dem hereinbrechenden Chaos, wenn dieses Mosaik aus Salat, Ziegenkäse, Forellen und Erdäpfeln plötzlich neu durchsortiert werden würde. Dass an den Rändern, sozusagen im Bilderrahmen, mittlerweile einige nette Stehcafés und Bars kulinarische Erfrischungen reichen, ist Event genug und gibt die Gelegenheit, das bunte Treiben aus entspannter Distanz zu betrachten und trotzdem mitten drin zu sein.

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Mittendrin: junge Mütter mit Kinderwägen, verschlafene Studenten, immer wieder auch Touristen, Pensionisten, manchmal Zeichner mit Skizzenblock, Bettler,  entspannte Wochenendgenießer, Hofratsgattinnen im Kaschmirtwinset und mit etwas zu viel korallfarbenem Lippenstift, der Herr Hofrat zwei Schritte hinter ihr, entweder im Gespräch mit einem anderen Herrn Hofrat oder geduldig auf das nächste Bündel Traglast wartend. Überhaupt fällt auf, dass sich hier viele Männer im Hintergrund halten, so wie der Meinige, und eher als „Packesel“ im allerliebst gemeinten Wortsinn herhalten, manche geduldig-milde, manche kopfschüttelnd lächelnd über die Einkaufswut der holden Weiblichkeit. Aber wie soll man da auch widerstehen????

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Ich könnte stundenlang hier herumstreifen, mich durch den Anblick und den Geruch duftender Kräuter, frischer Weizer Forellen und knackigen Gemüses zu allerhand Kochideen inspirieren lassen, Leute beobachten und einfach die Seele baumeln lassen. Wenn mich Herzmann und Herzkind nicht begleiten (die beiden versuchen dieser Geschäftigkeit gerne zu entkommen), hat mir mein Einkaufstrolley schon sehr oft gute Dienste geleistet, um ganze Wagenladungen zum Auto und nach Hause zu schaffen. Das die „Hände-über’m-Kopf-zusammenschlagen“ ist dann auf den Moment des Heimkommens verschoben.

Der Graz-Bummel muss damit noch nicht zu Ende sein. Eine wohlweislich in’s Auto gepackte Kühltasche kann den Ausflug entscheidend verlängern und Zeit verschaffen für weitere Unternehmungen…